Casa Musicale Sonzogno
Edoardo Sonzogno, Spross einer milanesischen Familie von Druckern am Ende des 18. Jahrhunderts, verwandelte um 1850 seinen Verlag, den sein Großvater Giovanni Battista 1806 gegründet hatte, in einen Medienkonzern. Er veröffentlichte mit Il Secolo die populärste Zeitung, außerdem Zeitschriften und Bücher aller Arten und Preise, womit er Bildung unter die aufstrebenden Klassen brachte.
1874 gründete Edoardo Sonzogno seine Musikabteilung. Er druckte Noten von berühmten Opern und erwarb die Rechte an Bizets Carmen, wodurch er der Oper in italienischer Übersetzung zum ersten internationalen Erfolg verhalf. Erst später folgte die französische Textfassung. Nach einer Aufführung von Carmen in Nizza schrieb Friedrich Nietzsche im Dezember 1887 an Heinrich Zöselitz: „es gab noch ein besondres Ereigniß, wo ich Sie vermißt und verlangt habe, wie selten, nämlich die erste Aufführung von Carmen im großen italiänischen Theater — ein wahres Ereigniß für mich: ich habe in diesen 4 Stunden mehr erlebt und begriffen als sonst in 4 Wochen. Alle Ehre Herrn Sonzogno!“Um ein eigenes Repertoire aufzubauen und neue Talente zu entdecken, rief Sonzogno eine Reihe von Wettbewerben aus: 1890 war Pietro Mascagni mit Cavalleria Rusticana der Gewinner, was die Stunde null des Verismo darstellte. Ruggero Leoncavallo (Pagliacci), Umberto Giordano (Andrea Chénier, Fedora) und Francesco Cilea (L’Arlesiana, Adriana Lecouvreur) folgten. In diesem Jahr gründete der Verleger in Mailand auch das Teatro Lirico, wo denkwürdige Spielzeiten stattfanden und Sänger wie Enrico Caruso auftraten, der später zur Legende wurde.
1909 übergab Edoardo Sonzogno die Leitung seines Hauses seinen Neffen Lorenzo und Riccardo Sonzogno, die den Verlagskatalog mit Werken wie Fedra von Ildebrando Pizzetti auf ein Libretto von Gabriele D’Annunzio oder La rondine und Inno a Roma von Giacomo Puccini erweiterten. Nach dem Tod von Riccardo (1915) und Lorenzo (1920) wurden der Buchverlag, die Zeitung und das Teatro Lirico getrennt. Die Casa Musicale Sonzogno durchlief eine krisenhafte Phase, ehe Pietro Ostali sen., selbst Musiker und Komponist, sie 1923 übernahm und das Haus Sonzogno wieder zu altem Ruhm verhalf, indem er vergessene Komponisten wie Cilea wieder ins Bewusstsein rückte und neue Werke von Umberto Giordano und Ermanno Wolf-Ferrari veröffentlichte.
Seine Nachfolger (sein Sohn Enzo Ostali von 1945 bis 1984, seine Schwiegertochter Nandi Ostali ab 1971 und sein Enkel Piero Ostali jun. seit 1989) erweiterten das Repertoire mit Kompositionen von Luciano Chailly, Jan Meyerowitz, Flavio Testi, Francesco d’Avalos, Azio Corghi, Franco Battiato, Marco Tutino, Hans Gefors, Giovanni Sollima, Carlo Boccadoro, Marco Betta und arbeiteten mit Robert Wilson, Peter Greenaway, Patti Smith, Jean-Claude Carrière, Carolyn Carlson, John Turturro, Dino Buzzati, Andrea Camilleri, Alessandro Baricco und Marco Tullio Giordana zusammen.